GLÜCK

Ein philosophischer Ausflug

 

Das Lexikon hält für den Begriff „Glück“ folgendes bereit: etwas, was Ergebnis des Zusammentreffens besonders günstiger Umstände ist; besonders günstiger Zufall, günstige Fügung des Schicksals.
Das Wort „Glück“ kommt von mittelniederdeutsch gelucke/lucke (ab 12. Jahrhundert) bzw. mittelhochdeutsch gelücke/lücke. Es bedeutete „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Glück war demnach der günstige Ausgang eines Ereignisses. Voraussetzung für den „Beglückten“ waren weder ein bestimmtes Talent noch eigenes Zutun.
Anders als im 12. Jahrhundert weiß man heute, dass wir Menschen sehr wohl etwas zum eigenen Glück beitragen können.

Glück = Realität minus Erwartung
So einfach bringt es ein unbekannter Weiser auf den Punkt. Ist es so einfach? Vielleicht. Die einfachen Dinge sind oft die richtigen. Über das Gefühl aller Gefühle zerbrechen sich jedenfalls schon seit über 2.000 Jahren Philosophen und Wissenschaftler den Kopf, heutzutage auch die Glücksforscher.

Die Summe von Außenfaktoren
Viele machen ihr Glück von Außenfaktoren abhängig: ein Auto, ein Haus, das neue Kleid oder die neuen Schuhe, die bestandene Prüfung, ein Lebenspartner, Kinder, Geld, Urlaub, ein gesicherter Job, Erfolg, Gesundheit und Bewegung, das Feierabend-Bier, Freunde, Partys, von dem, was andere Menschen sagen und nicht sagen, vom Wetter, vom Essen. Das alles sind Faktoren, die uns Menschen beeinflussen; für das Glück sind sie nicht zuständig.

Ein Zustand der Harmonie
Klar ist – da sind sich alle Forscher einig – ,dass Glück eher in der Einfachheit, Schlichtheit und Purheit liegt. Glück ist ein Zustand. Ein Zustand, den wir „jetzt“ wahrnehmen können. Ein Zustand der vollkommenen inneren und äußeren Harmonie – so angenehm, dass wir Menschen immer wieder danach streben.

Das Streben nach Glück
Ja, allein das Streben ist schon wieder kontraproduktiv für diesen Zustand. Will ich das Glück erhaschen, löst es sich sofort in Luft auf. Die Hindus haben hierfür eine eigene Göttin: Lakshmi. Sie ist die Göttin der Schönheit und des Glücks. Sobald Du ihrer gewahr wirst und sie festhalten möchtest, verschwindet sie.

Das Glück ist Hier und Jetzt
Glück hat also etwas damit zu tun, im Moment sein zu können. Was bedeutet das? Wer im Moment ist, hat keine Gedankenflut, keine Bewertungen, keine Erinnerungen an irgendwelche belastenden Situationen. Beobachten Sie Kinder beim Spiel. Die sind versunken, denken an nichts anderes und sind einfach im Moment. Glücklich.
Eckart Tolle, spiritueller Lehrer und Bestsellerautor, hat ein ganzes Buch über dieses „Im Moment-Sein“ geschrieben: „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“.
Alle Glücksforscher sind sich darin einig, dass jeder von uns seine eigenen Tragödien und Freuden kreiert. Unser Gehirn unterscheidet nicht, ob es erinnerte oder kreierte Gedanken sind. Gedanken lösen Gefühle aus. Louise Hay zum Beispiel kreiert förderliche und ermutigende Gedanken, Affirmationen genannt, und schafft damit die Grundlage, durch positive Gedanken, andere Reaktionen in unserem kompletten Körper-Geist-Seele-System auszulösen, die aus der Balance Geratenes auch heilen können.

Gefühle fühlen
So sind Sie als Mensch tatsächlich Ihres eigenen Glückes Schmied. Das heißt nicht, sich selbst in die Tasche zu lügen und sich in eine Blase von positiven Gedanken zu flüchten, sondern die Gefühle, die da sind, zu spüren. Es ist ein Glück, dass wir Menschen sind und alles fühlen dürfen. Melancholie genauso wie Freude. Wut genauso wie Ruhe. Angst genauso wie Liebe. Es geht nur darum, uns nicht über die Gefühle zu definieren, sondern immer wieder zu merken, das ist nicht mein Wesenskern, sondern nur ein Gefühl, das kommt und geht. Die Yogis nennen das „Attachment“ (= anhaften). Wenn Du anhaftest, entfernst Du Dich von dem inneren ruhigen, glücklichen Zustand. Nicht anzuhaften, heißt, die Gefühle trotz allen inneren Regungen beobachten zu können und als eine vorübergehende Erscheinung wahrzunehmen. Gewahr zu sein, dass es eine andere positive Kraft, u.a. die Kraft der positiven Gedanken, gibt.

Das Positive in jeder Situation
Eckart Tolle schreibt dazu: „Der Hauptgrund für Unglück ist niemals die Situation selbst, sondern deine Wahrnehmung dieser Situation.“ Jede Situation hält etwas Positives bereit. Dazu gehört, an all das zu denken, was Du bereits hast, nicht den Fokus darauf zu halten, was Dir fehlt. Eine gute Übung ist hier: Dankbarkeit. Dankbarkeit ist das Mittel, den Fokus auf das „halb volle Glas“ zu halten. Sie verändert nachgewiesenermaßen Areale im Gehirn.

Dein Geburtsrecht: Glücklichsein
Fakt ist: Alle Menschen streben nach Glück. Darin sind sich alle einig, dass sie glücklich sein wollen. Jedes andere Bedürfnis lässt sich nach Swamini Pramananda, einer indischen spirituellen Meisterin, genau auf diese Formel zurückführen.
In der westlichen Psychologie wird das verletzte Selbstwertgefühl als Grund von Bedürfnissen herangezogen. Durch Verletzungen, die jeder Mensch erfährt, leidet das Selbstwertgefühl und versucht die Verletzungen mit inneren Glaubenssätzen oder anderen Bestrebungen auszugleichen. Ein beispielhafter Satz aus diesem Bereich ist: „Ich will voll und ganz akzeptiert sein“. Menschlich verständlich.
Dennoch: Auch dieser Satz führt letztendlich wieder zurück auf „Jeder will einfach nur glücklich sein.“ Yogi Bhajan, der Meister der Kundalini Yogatradition formuliert es so: „Glücklich sein ist Dein Geburtsrecht.“

Die neurobiologische Erklärung
Für die Neurobiologen ist Glück ganz schlichtweg ein Gefühl. Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Institut für Hirnforschung, Universität Bremen, meint dazu: Glück ist ein subjektives Gefühl, aber neurobiologisch recht gut erfassbar. Um zu verstehen, was im Gehirn passiert, wenn wir glücklich sind, ist es laut Roth wichtig, zwischen „Glück“ und „Zufriedenheit“ zu differenzieren.
Wie zufrieden ein Mensch ist, kristallisiert sich bereits zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr heraus und bleibt zeitlebens oft weitgehend gleich. Biochemisch sind insbesondere drei Hirnbotenstoffe beteiligt: Serotonin, Dopamin und Oxytocin.
Das eigentliche Glücksgefühl entsteht durch einen Cocktail gehirneigener Opioide wie Endorphine. Das ventrale Tegmentum, das im obersten Teil des Hirnstammes liegt, überschwemmt Körper und Gehirn mit Glücksstoffen.

Flow
Die beständigsten Glücksgefühle entstehen durch Tätigkeiten, in denen wir völlig aufgehen. Wenn es läuft, wie geschmiert – Psychologen und Neurologen sprechen vom Flow-Erlebnis –, kommen Basalganglien ins Spiel. Sie sind Speicherort aller Gewohnheiten und Automatismen und sorgen dafür, dass reichlich gehirneigene Opioide rieseln, wenn wir Dinge „gekonnt“ ausführen und uns als selbstwirksam erleben.

Eine Formel zum Glücklichsein?
Eine einfache Formel zum Glücklichsein gibt es nicht. Aber: „Eine sichere Formel fürs Unglücklichsein ist der Wunsch, ständig glücklich sein zu wollen.“ (unbekannt) ƒ

Tipps fürs Glück:

  • Tue Dinge, die Du liebst
  • Verbringe Zeit mit Menschen, die Dir wichtig sind
  • Sei dankbar
  • Reduziere Stress
  • Gehe nach draußen
  • Lerne, Nein zu sagen
  • Arbeite an Deinen Träumen und Visionen
  • Schreibe Glücksmomente auf
  • Mache Sport
  • Meditiere
  • Sorge für ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen
  • Behandle Dich liebevoll
  • Halte Dich fern von Dingen (und Menschen), die Dir schaden
  • Sorge für guten Schlaf
  • Finde Schönes in Deiner Umgebung
  • Lebe im Hier und Jetzt
  • Lerne zu verzeihen
  • Schau auf das, was Du hast
  • Lächle
  • Genieße
  • Beginne heute

Autorin
Sabine Neuhaus
(ehem. Sabine Birk) Redakteurin Klösterl-Journal
»In meinem Leben haben Dinge, die ich liebe, einen schon sehr großen Raum, das Schreiben zum Beispiel. Dafür bin ich sehr dankbar.
Ich wäre kein Mensch, wenn es nicht auch an der ein oder anderen Stelle immer wieder Felder gäbe, die noch mehr von Freude ange­reichert oder verändert werden dürfen, um in einen noch besseren „Flow“ und damit ins Glück zu gleiten.«