Der Weg der Liebe
Wie Verhaltensänderung gelingen kann
Verhaltensänderung fängt mit der Liebe zu sich selbst an. Das verursacht Stirnrunzeln? Sie mögen fragen: «Keine Programme, keine Tipps?» Die Antwort lautet: Nein, erst mal nicht.
Gute Vorsätze
Sicher kennen Sie die guten Vorsätze, die man sich wieder zu jedem Jahresbeginn macht und dann doch nicht einhält. Oder finden Sie sich in dem Beispiel des Anders-Essens wieder, wo Sie sich z.B. immer wieder vornehmen, mal weniger Fleisch zu essen, oder sich ausgewogen zu ernähren, und es gelingt trotz vielen Wissens darüber nicht?
Das sind zwei klassische Beispiele, die genau zeigen, dass der Mensch allein über die Kognition nicht funktioniert. Die Kraft der Gedanken ist zwar unumstritten wirksam; jedoch kommen positive Gedanken im Gehirn und in der Seele erst mal gar nicht an, wenn das, was man sich mantra-artig «einzuhämmern» versucht, nicht der inneren Landkarte entspricht und somit gar nicht ankommen kann.
Glaubenssätze
Es kann sein, dass gewisse Glaubenssätze uns daran hindern, die guten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Wenn ich zum Beispiel als Kind gelernt und dies als absolute Wahrheit in meinem Gehirn dann als Glaubenssatz abgespeichert habe, dass man Fleisch braucht, um groß und stark zu werden, oder um genügend Nährstoffe abzubekommen, so werde ich mir schwer tun, den Satz zu glauben, dass ich erstens ohne Fleisch gut ernährt sein kann, und zweitens es andere Lebensmittel gibt, die mir ausreichend Nährstoffe zuführen. Dann traue ich mich erst gar nicht an das Experiment heran, mal eine andere Ernährungsweise auszuprobieren.
Glaubenssätze sind wie Leitplanken im Leben, sie sind im Gehirn sehr tief verankert und es braucht einiges an Energie und Aufmerksamkeit, um sie aufzulösen und zu verändern. Ursprünglich wurden sie entwickelt, damit sie uns hilfreich und meist als innere Sicherheit dienen. Doch sind sie meist in einem früheren Lebensabschnitt entstanden, wo das auch notwendig war, also erforderlich, um «damals» eine «Not abzuwenden». Im Beispiel des Essens kann es sein, dass es für das Kind im Verhältnis zu seinen Eltern sicherer war, besser darauf zu hören, was die Eltern sagten, das eigene Gefühl zum Essen dem Kind also abgesprochen wurde. Kinder kooperieren, denn sie sind abhängig von ihren Eltern. So tun sie das auch in dem Fall beim Essen, um mit denen, von denen sie abhängig sind, vordergründig im Frieden zu sein.
Gesunder Zweifel
Als erstes braucht es also einen Zweifel für die Veränderung eines Glaubenssatzes. Einen Zweifel, der die Idee nährt, dass es auch anders gehen könnte. Vielleicht hilft es auch, andere Menschen zu beobachten und zu erkennen, dass man gesund und munter sein kann, obwohl man – um im Beispiel zu bleiben – kein Fleisch isst. Dieser erste Aha-Effekt hilft dann einen gesunden Zweifel am eigenen Glaubenssatz zu entwickeln, der wiederum gebraucht wird, um eine neue Wahrheit für sich zu etablieren.
Affirmationen
Affirmationen – so nennt man die mantra-artig wiederholten, positiven Sätze, die man seinem Gehirn als neue Information gibt – können nachgewiesenermaßen helfen, das Gehirn neu zu «programmieren». Der Prozess dahinter ist wie folgt: Die neue zu implizierende Botschaft des neuen hilfreicheren Satzes wird immer wieder gesagt, gedacht, dem Gehirn zugeführt. Diese «neue» Botschaft trifft auf die alte. Beide stehen sich in ihrer Widersprüchlichkeit gegenüber. Das führt erst einmal zu Verwirrung. Unbewusst kann dieser Zustand der Verwirrung ein wenig andauern und das kann recht unangenehm sein, eine Unsicherheit hervorrufen und einen handlungsunfähig machen. Coaches bewerten diesen Zustand der Verwirrung oft als positiv, weil er ein Zeichen dafür ist, dass etwas innerlich in Bewegung geraten ist. Dennoch: Dieser Zustand kann aber für denjenigen, der die Veränderung durchläuft, sich als nicht hilfreich erweisen und sich so anfühlen, als ob man die Kontrolle verloren hätte. Dieser Weg der Veränderung auf rein kognitiver Ebene ist also manchmal nicht nur der unangenehmere, sondern auch der, der nicht bewusst gegangen werden kann, da er rein mechanisch funktionieren soll. Der Mensch tickt vielschichtiger und nicht linear technisch. So funktioniert es nur sehr eingeschränkt, einfach eine andere Botschaft «einzuspeisen». Innere Anteile und Stimmen bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt. Es braucht viel Aufmerksamkeit und Zeit, den Weg der Affirmationen erfolgreich zu gehen.
Der integrierte Weg
«Der Weg der Liebe», wie ich ihn bei Veränderungsarbeit nenne, ist ein integrierter Weg. Das heißt, die Veränderungsarbeit findet Schritt für Schritt und mit einer Bewusstmachung statt. Bei manchen Menschen sind, in unserer kopflastigen Welt, diese Bewusstseinsebenen verschüttet oder schwer zugänglich. In so einem Fall kann mit Bildern oder Symbolen gearbeitet werden. Diese vielschichtige Arbeit ist tiefgehend und nachhaltig. Durch die Bewusstmachung der Bedürfnisse, Glaubenssätze und Wünsche ist es dann auch einfacher, den gar nicht mehr so großen Schritt zur Veränderung zu gehen. Auf einmal erscheint es einem fast mühelos, den Mut zu haben, Neues auszuprobieren und sich auf eine neue Reise zu begeben. So hat man einen direkteren Zugang zu den eigenen Bedürfnissen und bemerkt in Zukunft auch eher, was einem gut tut und was nicht.
Eine «schmackhafte» Vision
Hilfreich ist mit Sicherheit auch, sich das «neue Leben» mit der vollzogenen Veränderung vorzustellen, sich eine Vision zu gestalten und sie mit allen Sinnen auszuschmücken – also zu sehen, zu schmecken, zu hören, zu riechen, zu fühlen. Je mehr Sie sich in das neue Leben mit der bereits integrierten Veränderung einspüren und es ausmalen, desto mehr bekommen Sie Lust, diese Veränderung auch umzusetzen. Man sagt, die Seele tut dann alles, dass Sie diesen Zustand auch in der Realität herstellt.
Hemmende Faktoren
Für eine nachhaltige Veränderung ohne Rückfall ist es unabdinglich, die hemmenden Faktoren anzuschauen. Manchmal sind es Stimmen der Eltern, manchmal sind es eigene «Torpedos», die den Erfolg des Wandels nicht haben wollen. Zuweilen haben auch Menschen im Umfeld etwas gegen die gewünschte Veränderung. Oder finanzielle Sorgen spielen mit hinein, eine Veränderung im Moment für nicht passend zu erachten. Diese inneren und äußeren Faktoren brauchen meist liebende Aufmerksamkeit, eine Wertschätzung, dass sie bisher einen Nutzen hatten. Oft ist auch die Bewusstmachung anderer innerer Ressourcen nötig, damit die Seelenanteile «bereit» sind, den Weg der Veränderung mitzugehen.
«Little baby steps»
Das ist Ihnen zu kompliziert? Der Artikel ist eine Einladung, sich näher mit Veränderungsarbeit zu befassen. Es lohnt sich auf jeden Fall, manche Prinzipien der inneren Arbeit zu verstehen, um nicht erneut frustriert zu sein, wenn eine Veränderung wieder mal nicht klappt. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, heißt es so schön. Klar ist, dass der Mensch die Dinge, die er kennt, ungerne aufgibt. Insofern ist es eine große Erleichterung, ohne Verpflichtung Mini-Schritte in einem Experiment auszuprobieren, mit der Option, es jederzeit wieder anders machen zu dürfen und einfach auszusteigen.
Bedürfnisse erkennen
Die integrierte Methode ist mit Sicherheit sehr viel langsamer als von heute auf morgen etwas schnell und sofort umsetzen zu wollen, z.B. Veganer zu werden, oder mit dem Rauchen aufzuhören. Es muss eben nicht so viel Energie auf das Durchhalten an sich verwendet werden. Die vorhandene Energie kann mit feinen Beobachtungen des eigenen Seins und Verhaltens für diesen Prozess genutzt werden. Der integrierte Weg ist sich selbst gegenüber gewaltfrei, erkennt die Bedürfnisse hinter einer Handlung und beschreitet mit ihnen allen im Gepäck den Weg. Nachhaltig – meist ohne oder mit weniger Rückfallquote.
Individuelle Programme
Und ja, eine Festlegung eines Plans, wann man die kleinen Schritte der Veränderung ausprobiert, ist dann hilfreich, wenn die Bereitschaft und die Fähigkeit da ist, alle Schritte bewusst zu gehen, zu beobachten und für sich selbst als hilfreich einzustufen. Das funktioniert aber nicht als übergestülptes Konzept, wenn es nicht individuell an die Person und Situation angepasst ist.
Der Weg der Liebe ist bewusst, dem Leben zugewandt, er ist ein Weg zu mehr Lebensqualität, egal welche Entscheidungen Sie für sich treffen. Und wann kommt Ihr nächster kleiner Mini-Schritt?