KNOCHEN
Leben ist Bewegung
Dass wir uns bewegen können, verdanken wir unserem Skelett. Das wichtigste Material dieses Gerüstes ist der Knochen; die Gelenke ermöglichen vielseitige Beweglichkeit, die Sehnen stabilisieren sie. Zusammen mit den Muskeln ist unser Stützapparat scheinbar einfach in seinem Gefüge und doch in seinem Aufbau ein Meisterstück der Natur, das sich veränderten Verhältnissen individuell anpassen kann.
Knochenbildung – ein lebenslanger Prozess
Bei einem fünfwöchigen Embryo sind schon Teile des Stützgerüstes erkennbar, ein Neugeborenes hat mehr als 300 meist knorpelige Knochenvorstufen. Beim Wachstum im Kinder- und Jugendalter wird das Knorpelgewebe (Geflechtknochen) teilweise durch harte Knochen (Lamellenknochen) ersetzt. Einige Knochen verschmelzen in dieser Zeit miteinander – das ausgewachsene Skelett umfasst meist 206 Knochen. Die Zahl schwankt, da manche Menschen beispielsweise mit einem zusätzlichen Rippenpaar geboren werden, bei manchen können Knochen in der nachgeburtlichen Entwicklung separat bleiben. In der Kindheit und Jugend wächst das Skelett schnell. Für den optimalen Aufbau der Knochenmasse und für die Stärke des Skeletts spielt unter anderem eine gute Versorgung mit Calcium eine sehr wichtige Rolle. Im Alter von rund 30 Jahren ist die maximale Knochenmasse erreicht (peak bone mass). Damit wird der Grundstein für die Knochenqualität im höheren Lebensalter gelegt. Gesteuert wird das Knochenwachstum durch Hormone der Schilddrüse und Nebenschilddrüse, der Nebennieren und durch die Geschlechtshormone. Neben der Ernährung, der körperlichen Aktivität, Krankheiten und Erbfaktoren spielen auch Alkoholgenuss, Rauchen und die Einnahme von Medikamenten eine Rolle.
Aufbau und Funktion
Knochen ist ein aktives Gewebe, das sich lebenslang in einem ständigen Auf- und Abbau befindet. Zu 80% besteht es aus anorganischen Bausteinen und Wasser, zu 20% aus organischen Bausteinen wie Kollagen und Proteinen, die für die Elastizität bedeutend sind. Die aufbauenden Osteoblasten sind epithelähnliche Zellen. Sie reihen sich an der Knochenoberfläche an und produzieren bei Aktivierung die organische Grundsubstanz des Knochens, Osteoid genannt. Durch die Einlagerung von mineralischen Substanzen, vor allem Calcium, Phosphor, Magnesium, Kalium und Silicium, entsteht die mineralisierte Knochenmatrix. Dort differenzieren eingewanderte Osteoblasten zu Osteozyten, den Knochenzellen. Diese sind über Zellfortsätze miteinander verbunden, bilden so ein Netzwerk und können miteinander kommunizieren. Gleichzeitig wird kontinuierlich alte, feste Kalksubstanz der Knochen von Osteoklasten durch eine gezielte Ansäuerung abgebaut. Durch ihren Abbau bereiten sie wiederum den Aufbau durch die Osteoblasten vor. Auf diese Weise erneuert sich das gesamte Skelett alle 6 - 10 Jahre.
Lebenswichtige Bausteine
Das Skelett und die Zähne enthalten 99% des Gesamtkörperbestandes an Calcium, beim Erwachsenen sind dies etwa 1 – 1,5 kg. Bis zu ein Gramm davon wird täglich ausgetauscht. Auch sind 80% des gesamten Phosphors im Knochen enthalten. Diese beiden Elemente sorgen für die Stabilität der Knochen. Wird der Bedarf dieser beiden Stoffe durch die Ernährung nicht ausreichend gedeckt, bedient sich der Organismus aus diesem Reservoir, um die physiologisch notwendige Calcium-Konzentration im Blutserum aufrechtzuerhalten. Ob die aufgenommene Menge an Calcium die empfohlene Tagesdosis von 700 – 1200 mg erreicht, kann mit einem Calciumrechner (im Internet z.B. bei iqwig) überprüft werden. Nicht nur tierische Lebensmittel wie Milch, Käse oder Quark enthalten Calcium, auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Brokkoli und Fenchel sind gute Calciumquellen.
Magnesium ist ebenfalls wesentlich beteiligt am Aufbau der Knochenmatrix und an der Knochenmineralisation, indem es dafür benötigte Enzyme aktiviert. 60% des gesamten Magnesiumvorrats befindet sich in den Knochen. Neben Bananen, Kürbiskernen und Nüssen zählen auch Naturreis und Vollkornprodukte zu den magnesiumreichen Lebensmitteln.
Vitamin D erhöht die Resorption von Calcium aus der Nahrung. Eine gute Versorgung mit diesem fettlöslichen Vitamin fördert nicht nur die Mineralisierung des Knochens und infolge dessen die Knochendichte. Sie verbessert auch die Muskelstärke und kann dadurch Stürze und Frakturen verhindern. Das ebenfalls fettlösliche Vitamin K2 verbessert durch den Einbau von Calcium in den Knochen ebenfalls den Erhalt und Aufbau der Knochensubstanz.
Zink, Mangan und Vitamin C sind beteiligt an der Bildung von Kollagenfasern, die für die Elastizität sowohl von Knochen- als auch Knorpelgewebe bedeutend sind.
Knochengesunde Ernährung
Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Kost mit reichlich Gemüse und Obst ist empfehlenswert. Der Säureüberschuss der häufig üblichen Ernährung (mit reichlich tierischem Fett und Proteinen, einem hohen Salzverzehr und viel raffiniertem Zucker) benötigt für die Neutralisation basische Mineralstoffe wie Calcium und Magnesium.
Risikofaktor Osteoporose
Osteoporose ist ein spätes Stadium einer sich über viele Jahre entwickelnden Störung im Knochenstoffwechsel und zeigt sich in einer veränderten Mikroarchitektur des Knochengewebes und einer verringerten Knochenmasse. Dadurch verlieren die Knochen an Stabilität und Elastizität. Eine erhöhte Bruchgefahr, häufig an den Handgelenken, der Hüfte oder den Wirbelkörpern, ist die Folge. Bei Frauen nach der Menopause kann sich die verringerte Bildung von Östrogenen auf den Knochenstoffwechsel auswirken und die Entstehung einer Osteoporose begünstigen. Erste Merkmale sind häufig chronische Rückenschmerzen. Körperliche Aktivität stärkt nicht nur die Muskulatur, der Knochenaufbau kann durch jede Bewegung angeregt werden, bei der man sein Gewicht selbst tragen muss, wie Treppensteigen oder schnelles Gehen, aber auch Krafttraining. Spezifische Übungen und Informationen gibt es über den Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V. oder den Dachverband Osteoporose Selbsthilfe e.V.
Funktion der Knochen:
- Stützfunktion: hochdifferenziertes Stützgewebe, das gleichzeitig hart, leicht und flexibel ist und dem Körper Form und Stabilität verleiht
- Hebelfunktion: Teil des passiven Bewegungsapparates (Gelenke, Knorpel, Bänder, Bandscheiben), der mithilfe des aktiven Bewegungsapparates (Skelettmuskulatur, Sehnen, Faszien usw.) der Beweglichkeit des Körpers dient
- Schutzfunktion: Schädelknochen schützt das Gehirn, Rippen schützen die inneren Organe wie Lunge, Herz, Leber, Milz
- Speicherfunktion: Depot für Mineralstoffe (Calcium, Phosphor, Magnesium, Zink etc.)
- Blutbildung (Hämatopoese) im Knochenmark