Lebenszyklen

Segen der Achtsamkeit

 

Der Mensch, ein Wunderwerk der Natur
So wie die Menschheit sich über Jahrtausende evolutionär entwickelt und die Informationen von Generation zu Generation über die DNA weitergegeben werden – leider auch die traumatischen Erlebnisse –, so entwickelt sich auch das Individuum auf dieser Welt vom Ungeborenen zum erwachsenen Menschen mit seinen Fähigkeiten, Eigenarten, seiner Liebenswürdigkeit.

Alles hat seine Zeit
Warum die Unterscheidung der Lebensphasen so wichtig ist? Jede dieser Lebensphasen umfasst Stärken und herausfordernde Aspekte. Um die Herausforderungen zu meistern, ist die Weisheit hilfreich: Alles hat seine Zeit.

Life is learning
Dass wir zeitlebens lernen, ist nichts Neues. Dass wir aber auch in unterschiedlichen Phasen zahlreiche, unterschiedliche Werte, Ansichten und Bedürfnisse haben, lässt uns entspannter mit den für den Menschen immer wieder herausfordernden Übergängen und gelassener und wohlwollender mit uns selbst umgehen.

Veränderung
Als Menschen sind wir auch mit Mechanismen ausgestattet, die es ermöglichen, an unserem eigenen Wandel beteiligt zu sein. Genauer betrachtet bedeutet eine Übergangsphase für uns Menschen, dass sich Werte, Intelligenz, Handlungsmöglichkeiten, Energieniveau, Bewusstsein und Beziehungen verändern, um eine neue Realität zu formen. Zeiten der Veränderung benötigen besondere Anstrengungen, um sie mit Integrität und Gleichgewicht zu durchleben. Jede Phase birgt ihre eigenen, für die Entwicklung nötigen Herausforderungen und Erfahrungen, die in ein gesundes Wachstum integriert werden können.

Blickwinkel
Die Einteilung der Lebensphasen differiert je nach Historie, Herkunft, Lebensphilosophie und Blickwinkel auf das Leben. Die konkreten Altersangaben zu einer Lebensphase, wie auch diese selbst, sind in hohem Maße kulturell, sozial und wirtschaftlich bestimmt. Die spirituelle Sicht schließt die Vorbereitung auf das Weiterleben der Seele mit ein, was eine atheistische Sichtweise nicht erlaubt, die sich schlichtweg in der letzten Lebensphase auf das Abschließen des Lebens und die Vorbereitung auf das Ende widmet.

Wie viele Lebensphasen gibt es?
Pythagoras gliederte das Leben des Menschen in vier, Hippokrates in sieben, Aristoteles in drei Phasen. Auch eine Einteilung in zehn Abschnitte wurde in der Antike beschrieben.
Der Lebenszyklus des Menschen wird heute hier im Westen in vier Phasen eingeteilt: in die Embryogenese und die folgenden Lebensphasen der Kindheit, der Jugend und des Erwachsenenalters. Innerhalb dieser Stufen gibt es auch besondere Abschnitte, so bei der Kindheit der Säugling und das Kleinkind und bei Erwachsenen oder der Senior im Ruhestand oder Rentenalter. Biologisch bestimmt sind die beiden Umstellungsphasen des Körpers, die Pubertät und die Wechseljahre von Mann und Frau. Die jeweiligen psychologischen Aspekte werden von der Entwicklungspsychologie untersucht, was zu beleuchten hier zu weit führen würde.
Auch nach anderen Merkmalen werden Einteilungen in Lebensphasen vorgenommen, beispielsweise im Rahmen eines als „normal“ angesehenen Werdegangs der modernen Sozialisation die Lebensphasen: Vorschul-Zeit, Schule, Berufsausbildung oder Studium, Erwerbsleben und Rente. Lebensphasen werden somit durch eine Abfolge von Lebensereignissen beschrieben.

Andere Sichtweisen
Anderer Philosophien zufolge, wie der indischen, erlebt ein Mensch von seiner Geburt bis zu seinem Tod vier beziehungsweise fünf Lebensphasen (vorausgesetzt, er hat das Glück, alt zu werden): Kind - junge(r) Erwachsene(r) - Phase der Pflichten und des Familienlebens - Phase des Ruhestands und der Ratgeberin/des Ratgebers - Phase der Weltentsagung, des Loslassens und der Weisheit.
Die Jahrtausende alte, yogische Tradition (nach Kundalini Yoga) definiert andere Rhythmen, die nach Entwicklung des Bewusstseins, der Intelligenz und der Lebensenergie gegliedert sind:
1. Zyklus des Bewusstseins
0 --- 7 --- 14 --- 21 --- 28 --- 35 …
2. Zyklus des Intelligenz
0 ----- 11----- 22 ----- 33 ----- 44 …
3. Zyklus der Lebensenergie
0 -------- 18 -------- 36 -------- 54 …

Der Segen des Altwerdens
Würdevoll, beschwerdefrei und am liebsten superbeweglich – geistig wie körperlich – wollen wir im Alter sein. Wer wünscht sich nicht ein sorgenfreies, gesundes Leben – vor allem im Alter? Wie wir nun wissen, benötigen die Übergänge unsere besondere Aufmerksamkeit. Was wir in der Jugend mit höherer Lebensenergie noch kompensieren können, gelingt uns mit höherer Anzahl an Jahren vielleicht nicht so. Deswegen lohnt es sich, so früh wie möglich um die Lebensphasen zu wissen, damit die Übergänge mit Achtsamkeit und Würde gegangen werden können, auch die beim Altwerden.

Glück ist, wer alt wird
Was die Menschen am meisten fürchten beim Altwerden, ist laut einer Schülerin des berühmten Viktor E. Frankl, Elisabeth Lukas: Die Abhängigkeit von anderen. Elisabeth Lukas setzt sich mit dem Thema in einem wunderbaren Artikel auseinander. Die Essenz ist: Glücklich ist, der, der überhaupt alt wird. Gerade, wenn man im Alter nicht mit herausragend guter Gesundheit gesegnet ist, so ist die Einstellung zum Leben der Faktor, der zum Glück beitragen kann. Wie ich die Dinge bewerte und somit ihnen eine Wichtigkeit einräume oder eben nicht.

Bilanz ziehen
Im Alter ziehen wir Bilanz: Wir schauen, was ist gut gelaufen, was nicht so gut. Was hätte ich mir mehr gewünscht, was habe ich erreicht. In der klassischen Struktur unserer Gesellschaft geschieht das manchmal mit dem Eintritt in die Rente. Aber wir haben auch vorher die Möglichkeit, immer wieder Bilanz zu ziehen und unsere Realität zu gestalten. Das kann man lernen. Manche haben bereits die Fähigkeit erworben und machen die Retrospektive auf die Woche, auf den Monat, auf das Jahr zu einem regelmäßigen Ritual, das ein Feintuning des Lebens und damit mehr Glück und Zufriedenheit ermöglicht.

Segen
Fühlen Sie sich eingeladen, Ihr Leben zu genießen, positiv zu bewerten und immer wieder zu gestalten. Dankbarkeit hilft übrigens, um liebevoll und achtsam auf sich selbst zu schauen.

In unserer neuen Reihe über die Lebenszyklen erfahren Sie Wissenswertes über jede Lebensphase. Im nächsten Klösterl-Journal lesen Sie über die Middle Ager, die 30 - 40-Jährigen und was diese Lebensphase ausmacht.ƒ

Autorin
Sabine Neuhaus
Redakteurin Klösterl-Journal, Coach,
Heilpraktiker für Psychotherapie (HPG), Yogalehrerin

»Vor kurzem durfte ich lesen: „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“. Ein wunderschönes Bild. Es würdigt die Ringe einer Lebens­phase als zugehörig und wertvoll und lässt Spielraum, wann der Mensch eine neue Phase erreicht. Wir dürfen gewahr sein, dass es zwar manchmal nach außen so scheint, als ob die nächste Entwicklungsphase schon erreicht wäre, die innere Reife aber noch nicht
vollständig stattgefunden hat.«