Wer war eigentlich…?

Viktor E. Frankl

1905 – 1997

 

Logotherapie und Existenzanalyse
Viktor Emil Frankl war ein österreichischer Neurologe und Psychiater. Er begründete die Logotherapie und Existenzanalyse, die vielfach auch als die „Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“ bezeichnet wird. Viktor E. Frankl entstammt einer österreichischen jüdischen Beamtenfamilie. Bis 1937 hatte er sich als Oberarzt im Psychiatrischen Krankenhaus in Wien um selbstmordgefährdete Frauen gekümmert. Anschließend leitete er das letzte Krankenhaus Wiens, in dem noch jüdische Patienten behandelt wurden. Schon vier Jahre zuvor hatte man ihm aufgrund seiner jüdischen Herkunft das Behandeln von „arischen“ Menschen verboten.

Greueltaten des Naziregimes
1942 holten die Nazis ihn mitsamt seiner Frau, seinem Bruder und seinen Eltern. Frankl überlebte als Einziger seiner Familie verschiedene Konzentrationslager. Er wurde von der US-Armee befreit. Die Zeit in der Hölle nahm ihm jedoch nicht nur alles, sie gab ihm auch etwas: einen neuen Einblick in die menschliche Psyche. Er lernte, warum manche Menschen selbst unter den furchtbarsten Umständen nicht aufgeben, während andere zerbrechen. Seine Erfahrungen in diesen Lagern beschrieb er im Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“, in dem er zeigte, dass es selbst unter extremsten inhumanen Bedingungen möglich ist, Sinn im Leben zu finden. „Wer ein Wozu hat, erträgt jedes Wie.”
Frankls Wozu in dieser Zeit war es, von den Grausamkeiten und Bedingungen in diesen Lagern zu berichten, er beschreibt, dass er überleben wollte, um davon Zeugnis abzulegen.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens
Zudem setzte er sich intensiv mit den psychologischen Theorien und Konzepten seiner Zeit (den 1930er Jahren) auseinander. Im Gegensatz zu diesen sah er den Menschen nicht als von seinen Trieben – wie Sigmund Freud – oder Streben nach Macht – wie Alfred Adler – bestimmt, sondern er sah den Menschen als geistiges Wesen, das nach Sinn strebt. Der Mensch will wissen, wozu er auf der Welt ist. Dies unterscheidet ihn vom Tier. Viel drehte sich in seiner Arbeit um das Thema „Sinn“. Und um die Kraft, die uns dieser geben kann.

Das Geschenk seines Leids
Auch aus dieser Frage seines eigenen Lebens – „Muss man sich denn auch alles von sich gefallen lassen? Kann man nicht stärker sein als die Angst?“ – entsteht der zentrale Begriff: Selbstdistanzierung. Heute oft Dissoziation genannt bedeutet das so viel wie das humorvolle Absehen von sich selbst bzw. die Vogelperspektive einnehmen. Der andere zentrale Begriff ist die Selbsttranszendenz, die den hohen ethischen Wert der Hingabe an eine Aufgabe oder Person meint.

Die innere Haltung bestimmt das Schicksal
Viktor E. Frankl trifft den heutigen Zeitgeist genau: Unsere Realität, also Gedanken und Gefühle, werden von unserer inneren Haltung und Einstellung bestimmt. Wie ich Erfahrungen oder auch Schicksalsschläge bewerte und welche Gedanken ich zulasse, bestimmt, ob mein Leben ein Drama oder einfach das Leben ist, von dem ich lernen kann. Eckart Tolle und viele andere mehr bringen diese Botschaft aktuell mit Erfolg in die Welt. War Frankl einer der Vorboten dieser Botschaften? Auch in Sachen „Sinnfrage“ war Frankl Vorreiter. 

Aus der Selbstdistanzierung abgeleitet entwickelte Viktor E. Frankl die Techniken zum Umgang mit körperlichen Beschwerden, sodass keine sekundäre Anhaftung an das primäre körperliche Symptom entsteht, das bedeutet, es kommen keine zusätzlichen möglichen psychischen Beschwerden zum eigentlichen Leiden hinzu:

  • Die paradoxe Intention – hier stellt man sich das Gegenteil vor und übt darin die Meisterschaft. Der Patient wünscht sich unter psychotherapeutischer Anleitung paradoxerweise genau das herbei, wovor er sich fürchtet.
  • Die Dereflexion hingegen fordert einen auf, das störende Symptom möglichst nicht zu beachten, an ihm vorbeizudenken, auf ein besseres, lohnenderes Ziel gerichtet zu bleiben – und, siehe da, das Symptom verschwindet. (sn)