ALTERN
Gesunde Blutgefäße
„Der Mensch ist so alt wie seine Gefäße“ (Rudolf Virchow)
Diese hundert Jahre alte Erkenntnis ist aktueller denn je. Blutgefäße versorgen unsere Organe und jede Körperzelle mit lebenswichtigen Substanzen und Sauerstoff. Wer ein hohes Lebensalter in Gesundheit anstrebt, sollte sich frühzeitig um gute, gesunde und elastische Blutgefäße kümmern.
Aufbau der Gefäßwände
Zu den Blutgefäßen zählen die Arterien, die sauerstoffreiches Blut in den Körper leiten, und die Venen, die das verbrauchte sauerstoffarme Blut zum Herzen zurückführen (siehe Abb. 1)*.
Das Herz pumpt dieses Blut zuerst in die Lunge, wo es sich wieder mit Sauerstoff anreichert, und anschließend weiter durch den Körper.
Damit dieses sauerstoffreiche Blut überall jede einzelne Körperzelle erreichen und versorgen kann, müssen Arterien intakt, elastisch und frei sein. Die arteriellen Gefäße bestehen aus drei Schichten: einer inneren Gefäßwand, einer mittleren muskulären Schicht und einer äußeren elastischen Wand (siehe Abb. 2)*. Dieser Aufbau ermöglicht einen gleichmäßigen Blutstrom. Krankhafte Gefäßveränderungen wie Entzündungen oder Arteriosklerose betreffen zumeist die mittlere Schicht. In der Folge kommt es zu Verengungen und Versteifungen der Gefäße, der Blutfluss ist behindert.
Das Altern unserer Blutgefäße
Der natürliche, individuell genetisch bedingte Alterungsprozess betrifft den ganzen Körper und somit auch die Blutgefäße. Doch dieser Prozess wird stark vom Lebensstil beeinflusst. Rauchen, Alkohol, schlechte Fette im Essen, zu wenig Bewegung, Übergewicht und nicht ausheilende Entzündungen schaden den Gefäßen, beschleunigen den Alterungsprozess und erhöhen das Risiko für Folgeerkrankungen wie Durchblutungsstörungen, Herzinfarkt, Thrombose oder Schlaganfall.
Diagnostik
Verschiedene Stoffwechselparameter lassen erste Rückschlüsse zu, wie rund unser Stoffwechsel läuft: Triglyceride, Cholesterin (HDL, LDL, oxidiertes LDL), Homocystein, Harnsäure und HbA1c. Ihr behandelnder Arzt kann Sie dabei unterstützen, diese Werte in einen gesunden Normbereich zu bringen. Denn über längere Zeit haben erhöhte Werte dieser Laborparameter einen negativen Einfluss auf unsere Blutgefäße, führen zu kleinen Entzündungen in der Gefäßwand, verschlechtern den Sauerstoffzustrom zu den Organen und lassen uns schneller altern.
Sind alle oben aufgeführten Laborwerte erhöht, spricht man vom „metabolischen Syndrom“, einer Stoffwechsellage, die für die Blutgefäße schädlich ist und mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist.
Lebensstil
Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät! Mit einem gesunden Lebensstil kann der degenerative Prozess aufgehalten und sogar repariert werden.
Ein wichtiger Faktor ist moderate aber konstante körperliche Aktivität. Sie gilt heute als die stärkste antientzündliche Strategie. Aktivität bedeutet: mehr Verbrennungsvorgänge in den Muskeln. Dabei entstehen wie bei jedem Feuer auch Funken – die freien Radikale. Diese regen den Körper an, sein Entzündungsverhalten auf allen Ebenen auszubalancieren, auch an den Blutgefäßen: Mikroentzündungen in Arterien reduzieren sich, das Entstehen von sogenannten Plaques wird unterdrückt und die Arteriosklerose zurückgedrängt.
Meine Empfehlung: wöchentlich mind. 4 x 30 Minuten moderates Ausdauertraining z.B. 15 Minuten Crosstrainer und 15 Minuten Laufband, alternativ Nordic Walking, Laufen oder Rad fahren.
Eine sanfte Reiztherapie mit Wechselduschen (z.B. Kneippkuren) aktiviert den Blutrückfluss in den Beinen und pflegt die Elastizität der Blutgefäße.
Vitalstoffe
Neben einer ausgewogenen Ernährung fördern bestimmte Vitalstoffe die Gefäßgesundheit: Omega-3-Fettsäuren (500 - 1.000 mg täglich) aus Kaltwasserfischen oder Leinöl sind wichtig, um das Blut flüssig zu halten, den Herzmuskel optimal zu ernähren und Mikroentzündungen zu mildern.
Greifen Sie beim Kochen eher zum Olivenöl und essen Sie gelegentlich eine Handvoll Walnüsse. So stärken Sie die guten Cholesterinanteile (HDL-Cholesterin).
Antioxidantien (Vitamin A, C, E, Selen, Coenzym Q10, Gerbstoffe, Grüner Tee-, Heidelbeer- oder Traubenkern-Extrakte) empfehle ich kurmäßig in der Anfangsphase des „antientzündlichen Lebens“, um den entzündlichen Prozess zu beruhigen. Ratsam ist es, hypoallergen hergestellte Präparate zu verwenden, um das allergisierende Potential niedrig zu halten.
Vitamin K2 (50 – 150 µg) kann einer Gefäßverkalkung vorbeugen und vorhandene Plaques reduzieren. Es wird besonders empfohlen für Menschen, die Calcium und Vitamin D als Osteoporose-Prophylaxe oder Therapie einnehmen.
Organische Schwefelverbindungen (MSM) zur unterstützenden Neubildung von Bindegewebsbausteinen und zur ständigen Verbesserung der Entgiftung, können hilfreich sein.
Hormone
Frauen wissen, dass zum Ende der Periode und während der Schwangerschaft die Beine schwer werden können: das Gewebe lagert Wasser ein, und 1 – 2 kg mehr erscheinen auf der Waage. Dieser Vorgang wird verursacht durch die Östrogene. Sie sind die typisch weiblichen Hormone und werden von der Leber abgebaut. Geschieht dies zu langsam oder unvollständig, stauen sich die Östrogene im Körper an und binden Wasser im Gewebe. Auch bei Männern kann es jenseits der Lebensmitte zu einer vermehrten Östrogen-Produktion in den Fettdepots kommen. Ihr Hausarzt kann die Blutwerte Östradiol und Östron bestimmen lassen und mögliche Gefahren von dieser Seite erkennen. Sind die Werte zu hoch, kann mit Weidenröschen- (Epilobium angustifolium) oder Broccoli-Extrakten (enthalten Diindolylmethan) die Östrogenbildung eingebremst, die Wasserausscheidung gefördert und die Venengesundheit unterstützt werden.
Gesunder Darm
Arbeitet der Darm nicht in Ruhe, weil z.B. die Bakterienflora gestört ist, kann auch das Immunsystem von dieser Unruhe und Kampfeslust angesteckt werden. So kommen Entzündungen nicht zur Ruhe, selbst wenn sie sich ganz woanders im Körper abspielen, z.B. an den Blutgefäßen. „Nur“ durch einen Reizdarm können z.B. auch rheumatische Beschwerden an den Gelenken und in der Muskulatur auftreten, Thrombosen gefördert oder Arteriosklerose verstärkt ablaufen.
Fazit
Um die Gesundheit der Blutgefäße zu verbessern, empfiehlt es sich, eine antientzündliche Strategie zu beginnen. Sie umfasst sowohl eine ausgewogene Ernährung, eine Balance im Säure-Basen-Haushalt, die Zufuhr guter Fette, die körperliche Aktivität, die richtigen Nährstoffe und einen gesunden Darm.
Oft wird bei ersten Durchblutungsstörungen zu Arzneimitteln gegriffen, ohne zu bedenken, dass die Ursache(n) der Gefäßerkrankung dadurch nicht beseitigt werden.
Mein erster Rat lautet deshalb Diät. Gerade bei der Gefäßmedizin sollte viel stärker auf den Lebensstil insgesamt geachtet werden.
Abb. 1: Aufbau arterieller Blutgefäße- links, oben
Abb. 2: Blutkreislauf- rechts, unten