TCM
Heilkunst aus dem alten China
Eine uralte Heilkunst, die seit weit über 2000 Jahren erforscht und praktiziert wird, ist die traditionelle chinesische Medizin. Sie ist eine naturkundliche Erfahrungsmedizin, die über viele verschiedene Epochen entstanden ist und ursprünglich aus einer Lebensphilosophie entspringt, welche beschreibt, wie die ganze Existenz des Menschen zu begreifen sei, und wie dieser in seiner Umwelt leben sollte. Der Mensch wird darin in seiner Gesamtheit betrachtet, als eine Einheit von Körper, Geist und Seele.
Laut den alten Chinesen entsteht Krankheit immer dann, wenn ein Mensch gegen die Gegebenheiten der Natur und den Lauf der Welt handelt. Sind hingegen alle Kräfte im Körper in einem Gleichgewicht, können Krankheiten bewältigt werden, und der Mensch kann harmonisch im Einklang mit Natur und Gesellschaft leben.
Lebensenergie Qi
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) ist die Basis für die Betrachtung des menschlichen Organismus das Verständnis über die Energieflüsse im Körper. Dabei liegt der Ursprung allen Lebens – und damit auch aller Energieflüsse – in der Urenergie Qi (gesprochen [tʃiː]). Das Qi beinhaltet einen ganzen Kosmos an Bedeutungen und wird in der westlichen Literatur häufig mit dem Wort Lebenskraft oder Lebensenergie umschrieben. Diese Energie erschafft den Menschen, hält ihn am Leben und erlischt irgendwann, wenn sie am Lebensende aufgebraucht ist. Das Qi ist für alle Prozesse und Aktivitäten im Körper notwendig und erfüllt vielfältige Aufgaben. Im Körper fließt es durch viele verzweigte Energiekanäle, die als Meridiane erforscht und beschrieben wurden und eine unsichtbare Verbindung zwischen den Energiepunkten, Organen und Körperarealen bilden.
Wie kommt Qi in den Menschen? Einerseits ist ein bestimmtes vorgeburtliches Energiepotential vorhanden, welches von den Eltern mitgegeben wird. Im Laufe des Lebens verbraucht es sich, bei den einen schneller, bei den anderen langsamer. Der Verbrauch des Qi lässt sich nicht aufhalten, jedoch ist es zu einem bestimmten Maß beeinflussbar, wie schnell sich die Lebensenergie verbraucht. Einerseits nehmen wir Einfluss über die Art und Weise, wie wir uns ernähren, also das Nähr-Qi pflegen, andererseits indem wir unser Atem-Qi in gesunder Harmonie halten.
Yin und Yang
Um das Ideal der Harmonie zu beschreiben, wird das Prinzip von Yin und Yang angewendet. Es definiert das Verhältnis der Dinge zueinander als Polarität, die nie absolut ist, sondern individuell der Situation angepasst. Wo Yin das Dunkle, Kühle, Passive, Ruhende darstellt, ist Yang das Helle, Warme, Aktive und Bewegte. Um die Gesundheit zu erhalten, ist es wichtig, die Lebensbereiche in eine Ausgewogenheit von Yin und Yang zu bringen und so die Balance herzustellen. Das Ziel ist daher ein Ausgleich und stets ein Sowohl-Als-Auch mit dem richtigen Maß hinsichtlich aller Dinge im Leben.
Die Fünf Wandlungsphasen
Als Systematik für die Einordnung von Symptomen und Erkrankungen eines Patienten nutzt die Chinesische Medizin die Zyklen der Natur. Sie werden beschrieben als die fünf Wandlungsphasen der Elemente und bezeichnen Aspekte in einem Veränderungs- und Wachstumsprozess, die ineinander übergehen, aufeinander folgen und sich gegenseitig beeinflussen. Es werden zwei Zyklen unterschieden: Einerseits gibt es den Nährungszyklus als Mutter-Kind-Prinzip, d.h. jedes Element nährt das nachfolgende. Ist eines zu schwach, kann es auch das nachfolgende nicht mehr ausreichend nähren. Und andererseits besteht der Kontroll- oder Überwindungszyklus als Großmutter-Enkelkind-Prinzip. Hier steht immer ein Element mit dem übernächsten in Verbindung und beeinflusst dessen Zustand.
Dieser Zyklus der Elemente spiegelt sich auch in den Jahreszeiten oder Lebensphasen wider und steht in Verbindung zu den Organen (also den Funktionskreisen im Körper) und zu den Qualitäten und Eigenschaften einer Persönlichkeit, wie z.B. innere Faktoren, welche jeweils die emotionale Herausforderung für eine Person darstellen.
Übersicht der Elemente
Gesamtheitliche Therapie
Wie erreicht man nun diese optimale Harmonie und woran lässt sich erkennen in welchen Bereichen die Balance gerade nicht vorhanden ist?
Fließt Qi zu schnell oder zu langsam, ist es erschöpft oder überfüllt, dann entsteht Krankheit. Die Auffassung der TCM, wie Gesundheit erhalten werden kann oder wodurch Krankheit entsteht, umfasst nicht nur die Symptome eines Problems, sondern betrachtet den betreffenden Menschen als „Universum im Universum“. Ziel einer Therapie ist es immer, ein einheitliches, ganzes Bild des Menschen zu betrachten, den ausgeglichenen Energiefluss Qi über die Energiebahnen und damit ein optimales Zusammenspiel der einzelnen Organsysteme zu erreichen.
Die Erfassung einer Diagnose erfolgt hauptsächlich über die folgenden Verfahren:
- Befragung: Symptome des Befindens wie Appetit, Verdauung, Schlaf, Temperatur
- Pulstastung: Diagnose über verschiedene Qualitäten des Pulses
- Zungendiagnose: Farbe, Form, Struktur der Zunge, sowie Zungenbelag
- Beurteilung von „Klang und Geruch“: Stimmklang, Atemgeräusche und Körpergeruch
Diese ganzheitliche Betrachtung des Patienten beinhaltet, dass nicht nur einzelne Symptome behandelt werden, sondern das Bild über alle Beschwerden, Eigenschaften und Lebensführung des Menschen zusammengefügt wird, bis sich das „Muster der Disharmonie“ ergibt.
Behandlungsverfahren
Die Therapie in der chinesischen Medizin hat als Ziel, den Energiefluss des Qi wieder in ein optimales Gleichgewicht zu bringen. Hier eine Übersicht der wichtigsten Therapieverfahren welche in der TCM eingesetzt werden können:
Chinesische Arzneimittellehre
Als Arzneimittel werden überwiegend pflanzliche Substanzen aus Heilkräutern (Blätter, Blüten, Wurzeln, Rinden) verwendet, die fast immer als Rezeptur, also einer Kombination von Einzelmitteln, verordnet werden. Diese Arzneimittel, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig ergänzen und verstärken, werden meist als Abkochung (Dekokt) verabreicht.
Akupunktur
Über die Stimulation entlang der Energieleitbahnen (Meridiane) wird der Körper angeregt, die natürlichen Energieflüsse wieder in Gang zu bringen und das Gleichgewicht herzustellen. Dies geschieht entweder über Akupunktur mittels Setzen von sehr dünnen Akupunkturnadeln an ausgewählten Punkten oder über Erwärmung (Moxibustion). Die Behandlung folgt dabei immer der individuellen Ursache, die einer Störung im Körper zugrunde liegt. So können zwei Menschen mit der gleichen Krankheit eine völlig unterschiedliche Akupunkturbehandlung erhalten.
Ernährungstherapie – Diätetik
Als wichtiger Teil der Lebenspflege für ein langes, gesundes und erfülltes Leben wird die Ernährung über individuell abgestimmte Lebensmittel und Ernährungsweisen betrachtet. Die Lebensmittel werden nach ihren Wirkungen im Körper ausgewählt, z.B. wie ihr Temperaturverhalten die energetische Dynamik beeinflusst oder durch welche Geschmacksrichtung ein Lebensmittel wirksam ist.
Bewegungslehre – Qigong
Mit den Bewegungstechniken des Qigong lernt der Patient aktiv „Umgang mit dem Qi“. Es wird die natürliche Verbindung von Atmung, Konzentration und Bewegung praktiziert, aus welcher eine unangestrengte Kraft entsteht. Der Atem wird langsam und gleichmäßig, Spannungen verschwinden, und eine Ruhe und Harmonie entsteht im Körper, sodass der Geist sich klären kann.
Der TCM-Therapeut wählt aus den beschriebenen Behandlungen eine individuell auf den Patienten abgestimmte Mischung aus. Dabei liegt der Fokus der Therapie mit traditioneller chinesischer Medizin immer darin, in eine Ausgeglichenheit zu bringen, was aus dem Gleichgewicht geraten ist – indem gestärkt wird, was zu schwach ist, und die zu starken Anteile in eine Balance gebracht werden.