Hormone

Männergesundheit

 

Über Männergesundheit zu reden ist wichtig, weil gerade Männer dazu neigen, den Arztbesuch vor sich her zu schieben. Frauen gehen häufiger zum Arzt und leben dafür auch länger. Die weit verbreitete Angst vieler Männer, dass man doch keine „Memme“ sei, die jeden kleinen Schmerz gleich dem Arzt zeigen muß, ist nicht immer von Nutzen. Gesundheit hat viel mit einem altersgemäßen Umgang mit Körper, Leistung, Bewegung, Rhythmus und Lebensgestaltung zu tun. In diesem Zusammenhang spielen auch Vorsorgeuntersuchungen eine wichtige Rolle.

Entzündungen
Entzündliche Veränderungen (z.B. Darmreizungen, Gelenkbeschwerden, Allergien und Unverträglichkeiten) sollte man in allen Lebensabschnitten ernst nehmen, denn durch sie entstehen langfristig Abnutzungserscheinungen und Dauerschäden an Organen. Es gibt viele Vorsorgemaßnahmen, die einen festen Platz im Alltag haben können.

ANTI-ENTZÜNDLICHE STRATEGIEN :
- Regelmäßige sportliche Aktivitäten, moderat gestaltet, aber 2-3 mal pro Woche für die Dauer von mindestens 30min (Laufband, Crosstrainer, Nordic walking, Joggen). Damit entsteht ein Reiz für den Körper, die entzündlichen Schieflagen, die vom Immunsystem her kommen, quasi indirekt über die Verbrennung im Muskel (= Sport) auszubalancieren.
- Kurmäßig angewendete pflanzliche Antioxidantien (Gerbstoffe, Traubenextrakte etc.) helfen, das Entzündungsgeschehen abzumildern.
- Fischöle und andere Omega-3-Fettsäuren geben beruhigende Impulse.
- In den letzten Jahren wurde viel über die Darmflora geforscht. Eine gesunde und breit gefächerte Darmbesiedelung ist das Geheimnis eines langen Lebens. Ein gesunder Darm balanciert u.a. die Funktionen des Immunsystems aus, entlastet die Leber, sorgt für Ruhe und Gelassenheit im Bauch, beugt Allergien vor und unterstützt eine gesunde Nervenfunktion.

Männer und Stress
Stresssituationen begleiten und regulieren Vieles im Leben von Mann und Frau. Vieles ist ähnlich, manches läuft grundverschieden ab. Frauen – um mit einem vereinfachenden Bild zu arbeiten – sind z.B. eher für die Höhle zuständig. Alles, was zuhause abläuft, was in der Familie wabert und wankt, Kontakte, Verwandtschaft und Außenwirkung, sind ihr Metier. Männer kämpfen gerne mal mit einem Mammut und freuen sich über erlegtes Fleisch im Kessel. So banal und pauschalisierend dieses Bild auch ist, so häufig begegnet es uns im Alltag mit allen Konsequenzen. Um beim Mann zu bleiben: Bleibt das Jagdglück aus oder der Teller leer, geht es ihm schlecht. Männer erkranken häufig, wenn berufliche Veränderungen anstehen, wenn andere besser sind, die Anerkennung unter Kollegen ausbleibt oder die Rente vor der Türe steht. Männer identifizieren sich fast körperlich mit ihrem Job und ihrer Leistung. Dies sollten besonders die Partnerinnen beachten und ernst nehmen, denn sie sind die Navigatoren in solchen Untiefen. Das Männliche eigentlich-nicht-über-Probleme-reden-können braucht den weiblichen Moderator. In diesem Fall hängt die Männergesundheit stark an der Regie der Frauen.

Körpergewicht und Hormone
Hormonelle Unebenheiten gehören auch bei Männern zum Leben. Wächst mit zunehmendem Alter der Bauchumfang, sind Veränderungen im Hormongefüge die Folge. „Laßt dicke Männer um mich sein“ – einen Ausspruch, den man Cäsar in den Mund legte – heißt nur, dass er in Beratungen mehr auf die östrogenbetonte Verständnisbereitschaft der Dicken und nicht nur auf den Jagdinstinkt der Testosteronaktiven Wert legte. So komisch dieses Bild auch ist, verbergen sich doch viele Aspekte darin, die für die Männergesundheit wichtig sind.
Mit steigendem Körpergewicht nimmt die Östrogenproduktion in den Fettzellen rund um den Bauch zu. Bei einer gesunden Leber wird das Östrogen schnell abgebaut und verbleibt nicht im System. Fällt der Leber dieser Stoffwechselweg schwer, staut es sich an (Östronwerte steigen). Es zeigen sich Besenreiser und Krampfadern, Verdauungsstörungen (Gallefunktion!) nehmen zu und Energie und Lust ab.
Das sexuelle Verständnis des Mannes ist häufig auf die genitale Sexualität beschränkt. Klappt es nicht mehr, entsteht ein immenser Leistungsdruck, der nur schwer abgebaut wird. Bleibt unser Focus auf der Erektion und dem obligatorischen Koitus, wird dieser innere Stress der Lust nicht gerade Beine machen. Sicherlich gibt es heutzutage Viagra® und Cialis®. Gelingt es den Leistungsdruck damit zu mildern, ist es eine gute Zwischenlösung.
Die Ursache der Östrogenüberladung wird damit jedoch nicht behoben. Zudem leiden Prostata und Blasenmuskulatur unter dem Östrogenüberschuss. Häufiger Harndrang – auch nachts – und Entleerungsstörungen können die Folge sein. Gibt man der Leber bestimmte aktivierende Substanzen aus dem Pflanzenreich, kann man die Östrogenüberladung und damit häufig auch das Körpergewicht abbauen. Es sind Broccoliextrakte (Indol-3-carbinol, I3C) und Sulfuraphane (schwefelhaltige Verbindungen), die den Östrogenabbau beschleunigen. Bittere Tees oder Tinkturen unterstützen sie dabei.
Ohne zusätzliche abendliche Kohlehydratrestriktion geht es zur Gewichtskontrolle in der Regel nicht. Stellen sich Warnhinweise in Richtung Diabetes ein, sollte man auf jeden Fall die Notbremse ziehen und sich beraten lassen (z.B. Lauber-Methode).
Es gibt auch sehr seriöse Hinweise, dass eine regelmäßige Zufuhr von resistenter Stärke (in kalten gekochten Nudeln oder Kartoffeln) oder in einem Nahrungsergänzungsmittel mit Ballaststoffen dieser Stoffwechsellage aufhelfen und vom Darm her eine Verbesserung bringen kann.

Hormongefüge
Männer verfügen über einen langen hormonellen Atem. Sinkt der Testosteronspiegel jedoch früher als erwartet, merkt man das nicht nur an einer nachlassenden Spannkraft, Aktivität, Energie und Libido, sondern auch an beginnendem Fettansatz, Blässe und Blutarmut. Gerad am Herzmuskel sitzen die meisten Testosteronrezeptoren. Ein Blutbild beim Hausarzt oder eine erweiterte Untersuchung der Hormone geben da Klarheit.
Die oben genannten Broccoliextrakte (I3C) sind freundlicherweise in der Lage, den Testosteronspiegel steigen zu lassen, indem sie auch die Umwandlung in das Östrogen bremsen.
Aus Testosteron wird beim Mann das Dihydrotestosteron (DHT) gebildet, was für viele männliche Eigenschaften verantwortlich gemacht wird. Eine 2009 veröffentlichte Studie ergab, dass die Einnahme von Kreatin über sieben Tage gefolgt von einer Erhaltungsdosis über 14 Tage die DHT-Werte deutlich ansteigen ließ. Auch das Spurenelement Zink ist zur Bildung von DHT wichtig.
Warnen sollte man jedoch vor der unkontrollierten Anwendung oder Injektion von Testosteron, denn gerade bei jüngeren Männern kann es zu einer Rückbildung der Hoden führen, die nicht umkehrbar ist. Das Gleiche gilt für die weit verbreitete Einnahme von muskelaufbauenden Anabolika im Fitnessbereich. Für den Moment mag es gut aussehen, es entstehen aber unwägbare Risiken für das Herz-Kreislaufsystem.
Unsere Zeit bringt es mit sich, das jeder Mann lange gut aussehen und „können“ sollte. Den Fokus auf weitere Aspekte der Sexualität, wie z. B. sinnlichen Genuss, Partnerschaft und Zärtlichkeit zu lenken, hilft, Phasen erektiler Schwäche mit Gelassenheit zu begegnen und der Sexualität in der Partnerschaft den Platz einzuräumen, der ihr altersentsprechend gebührt.

Autor
Dr. med Siegfried Schlett
Mediziner und Apotheker


»In den Jahren meiner Zeit als Apotheker beobachtete ich,
dass Beratungsgespräche zu hormonellen Themen hauptsächlich mit weiblichen Kunden geführt wurden. Männer waren da eher selten im Gespräch. Als Arzt sieht man den Patienten zwar von einer anderen Seite, erkennt aber die gleiche Schüchternheit. Ein Grund mehr, über Männergesundheit intensiver nachzudenken…«