Sehr geehrte/r Interessent/in,
gibt es noch Tabus in unserer so aufgeklärten Gesellschaft? Sind Tabus nicht bereits Schnee von gestern? Nein. Denn nur weil etwas vielleicht häufig öffentlich diskutiert wird, heißt das nicht, dass sich diese Tabus auch im Privaten erledigt haben. Denn: Sprechen wir eigentlich mit unseren Freund*innen, Verwandten, Kolleg*innen offen über Tabuthemen oder nur ganz selten und hinter vorgehaltener Hand? Haben wir dabei Angst vor Verurteilung? Das Tabu können wir von bestimmten Thematiken nur lösen, wenn wir keine Scheu oder Scham mehr haben (müssen), offen, ungezwungen und wertschätzend über bestimmte Dinge sprechen zu können.
Nehmen wir als Beispiel die Frauengesundheit. So ziemlich alle Vorgänge des weiblichen Körpers sind in irgendeiner Weise mit Scham und Tabus belegt. Diese haben sich in unserer sozialen und kulturellen Geschichte langsam und bombenfest als eng definierte Normen „eingebürgert“. Schon als junge Mädchen nehmen wir diese Regeln war: Wir machen uns Gedanken über unser Gewicht, unsere erste Menstruation verheimlichen wir, weil wir uns schämen. Das betrifft genauso auch weibliche Sexualität, Schwangerschaft, Geburt, Wechseljahre und auch Gewalt gegen Frauen. Weichen wir von der engen gesellschaftlich akzeptierten Norm ab, fragen wir uns: Bin ich richtig? Soll das so sein? Wem kann ich mich anvertrauen? Tabus isolieren uns und hindern uns daran, wirklich zu einer wertschätzenden und gerechten Gesellschaft zu werden. Denn sie wirken oft stärker als Gesetze und werden in den seltensten Fällen überhaupt in irgendeiner Weise hinterfragt.
Gleichzeitig bemerken wir aber auch, wenn wir diesen jahrhundertealten Zyklus der Schambelegung mit offenen Gesprächen durchbrechen, die unglaublich befreiende und ermächtigende Wirkung dieses Schrittes. Sprechen wir also über Tabuthemen!
Medial über diese Themen zu berichten und aufzuklären ist eine Seite der Medaille. Die andere Seite zeigt unsere persönliche Rolle darin. Als kleine „Gesprächsbeginnhilfe“ haben wir uns dieses Mal mit dem Thema Menstruation beschäftigt. Schauen Sie einmal rein und suchen Sie das Gespräch – damit sich kein junges Mädchen mehr schämen muss für die normalsten Vorgänge der Welt und auch Jungs verstehen, dass eine Periode nichts „ekliges“ ist – sondern normal und gesund. Nehmen wir unsere Verantwortung für uns und die nächsten Generationen wahr, indem wir alte Tabus durchbrechen und soziale Regeln neu schreiben, die für alle Menschen einen Sinn haben und wirklichen Fortschritt bedeuten.
Anregende und erfüllende Gespräche wünschen wir Ihnen,
Ihre

Josepha Brada-Wallbrecher und Cäcilia Wallbrecher
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